BIPOLAR - HAPPY

Die Manie – ein Tsunami der Seele

 

Wenn ich mein Leben betrachte als schaute ich in einen Spiegel, sehe ich es in keinem der ganz geblieben wäre. Ich sehe es in einem der heruntergefallen ist und zerbrach...

Die Form ist noch erahnbar, aber er ist in eine Vielzahl von Stücken zerfallen - wie auf dem Wasser treibende Eisschollen.

Früher, da war der Spiegel noch nicht so zersplittert, zumindest in viel weniger Teile...

Habe ich oder haben andere da hineingesehen, haben sie eine originelle, vielseitige Persönlichkeit

wahrgenommen?

 

Jetzt, retrospektiv, nach meiner ersten großen Manie mit 55 erkenne ich meine Biographie als die eines bipolar Erkrankten mit wiederkehrenden depressiven und hypomanen Phasen.

Die hypomanen Phasen sind schwächer ausgeprägt als die eindeutigen Manien und machen die bipolare Störung oft schwer von einer reinen Depression abgrenzbar. In der Hypomanie geht es einem einfach gut. Weshalb sollte man da hellhörig werden?

So war es leider auch bei mir.

 

Das bedeutet Jahre mit falscher Diagnose und entsprechend falscher Behandlung. Leider hat meine damalige Psychiaterin nicht nachgefragt ob es mir manchmal nicht sogar zu gut gehe oder ob ich meine Energie manchmal kaum zügeln könne - etwas in der Art. Das war ein Kunstfehler.

Statt der Antidepressiva (die teilweise sogar Hypomanien oder Manien auslösen können) hätte ich in erster Linie ein Medikament als Phasenprophylaxe gebraucht, das der Manie die Spitze nimmt.

 

Die „große Manie“ mit 55, wie ich sie für mich nenne, hat mich Beziehung, Job und einen Haufen (sehr viel?) Geld gekostet. Ich habe mich tätowieren lassen, und das nicht zu knapp, etwas das mir sonst nie in den Sinn gekommen wäre. Frauengeschichten kamen dazu. Vier Monate ohne Maß und Ziel - voller Gefühle der Unbesiegbarkeit. Acht Monate war ich im Krankenstand.

Seit Februar 2018 habe ich eine Diagnose: Ich bin Bipolar I. Endlich weiß ich was nicht stimmt.

 

Der Manie auf dem Fuß folgte die Depression. Fünf quälende Monate ohne Perspektive. Voller Scham über das, was ich während der Manie alles angerichtet habe - zusätzlich beschäftigt mit Aufräumarbeiten und Wiedergutmachungen...

 

Und wie soll es nun weitergehen?

Am Anfang steht auf jeden Fall einmal die Akzeptanz, das sich eingestehen der letztlich chronischen Krankheit.

Genügend Schlaf und nicht allzu viel Stress sind angesagt.

Beruflich und teilweise auch sozial werde ich mich ganz neu orientieren müssen,

 

In meinem Leben wird es wohl einen Teil vor der großen Manie und einen Teil danach geben.

Ich hoffe der Teil danach wird ruhiger und entspannter als der davor...